„Mit dem nächsten Nachbarn 4 Kilometer entfernt ist es hier so still, dass sich Hase und Fuchs tatsächlich noch gute Nacht sagen“, erzählt Andrea Borchard im Interview. Das Borchard’s Rookhus, idyllisch im Müritz Nationalpark im Osten Deutschlands gelegen, ist seit 1995 unter der Leitung von Andrea und Alexander Borchard ein Ort der Ruhe und Gastfreundschaft. Ursprünglich Teil der Romantikhotelkooperation, wurde das Rookhus im Laufe der Jahre an die sich wandelnden Bedürfnisse der Gäste angepasst. Alexander Borchard schildert uns, wie diese Veränderungen notwendig waren, um den Anforderungen des Marktes in den 2000er Jahren gerecht zu werden und erfolgreich zu bleiben. Gleichzeitig änderten die beiden Inhaber auch ihren persönlichen Blickwinkel. Mit der Geburt ihrer Söhne Niklas und Dominik wurde ihnen bewusst, wie anders sich der Urlaub mit Kindern gestaltet.
Bei dem Wechsel vom Romantik- zum Familienhotel, spielte ebenso die besondere Lage im Nationalpark und am Labussee eine große Rolle. Die Natur bietet viele Aktivitätsmöglichkeiten für Familien, wodurch die jungen Gäste laut den Inhabern sich hauptsächlich draußen aufhalten. Erfahrt im Interview mehr darüber, was die natürliche Umgebung den Familien bietet und über die Geschichte des Borchard's Rookhus.
Andrea Borchard:
Ich bin Andrea Borchard, die Ehefrau von Alexander Borchard. Ich komme aus Wiesbaden und Alexander und ich haben uns sehr früh kennengelernt. 1993 kamen wir durch Zufall an eine Müritz Nationalpark-Karte. Die Geschichte kann man bis zu 2 Stunden ausarbeiten, kurz gesagt: Wir sind dann hier im Nationalpark direkt am Ufer des großen Labussees mitten im Wald gelandet, haben uns in die Region und in eine alte Jugendherberge verliebt. Diese haben wir kurz renoviert und 1995 eröffnet.“
Alexander Borchard:
Ich bin Alex, in Bielefeld geboren und habe eine grundsolide Hotelausbildung, vom Kellner über Koch über Hotelkaufmann, gemacht. Dann haben wir uns, wie Andrea schon erwähnt hat, irgendwann gesagt: Jetzt ist die Zeit die Entscheidung zu fällen: Machen wir uns selbstständig oder segle ich durch die Welt. Wir haben uns für die Selbstständigkeit und für den Osten entschieden. Dort war zu dieser Zeit vieles möglich, was im Westen nicht möglich war. Wenn man diese gesamte Lebensgeschichte gerne hören möchte, die mehrere Stunden dauert, die wird jetzt gerade für unseren Podcast aufgezeichnet. Wir haben neuerdings einen Podcast, der Focus Family Talk, und da sind wir dabei, die gesamte Entstehungsgeschichte und all unsere Pionier-Abenteuer im wilden Osten darzustellen.“
Andrea Borchard:
Aber natürlich in einzelnen Staffeln, sonst ist es zu lang.“
Alexander Borchard:
Zuerst mal, was wir hier überhaupt gemacht haben: Ich komme aus der klassischen Hotellerie, habe im Brenners Park Hotel in Baden Baden gelernt, einem 5-Sterne-Haus. Wir wollten das, was wir dort gelernt haben, natürlich umsetzen und haben daher ein kleines Mini-Hotel gebaut. 1997 haben wir uns der Hotelkooperation Romantik Hotels International angeschlossen, weil wir deren Vorgaben wie ein historisches Gebäude und eine sehr gute Küche erfüllten.“
Andrea Borchard:
Wir waren 10 Jahre ein Romantikhotel und haben es auch geliebt. Aber dann bekamen wir 2 Jungs und jeder der selber Kinder hat weiß, dass sich von heute auf morgen dein Blickwinkel ändert. Du willst nicht mehr laufen, du willst rennen. Dann haben wir im Romantikhotel auf einmal keine Luft mehr zum Atmen bekommen, weil wir einfach den Blickwinkel geändert haben. Wir wollten nicht mehr wissen, wie es auf der Schlossinsel oder im Museum war. Wir wollten wissen: Wie war es auf der Sommerrodelbahn? Wie war es im Tiergarten? Dann haben wir einfach geswitcht und so sind wir zu Familotel gelangt.“
Alexander Borchard:
Das ist ein Teil der Geschichte. Aber natürlich kam auch der entsprechende wirtschaftliche Druck dazu, der zu dieser Entscheidung geführt hat. Der Osten hat sich stark verändert. Die Gäste, die gestern gekommen sind, kommen morgen auf einmal nicht mehr, weil sich irgendwas anderes ergeben hat. Auch die Gastronomie hat sich in Berlin komplett verändert: Als wir angefangen haben, gab es in Berlin kein Sternerestaurant. Die Berliner haben selber gesagt, hier könne man außer Currywurst nichts essen und deswegen sind die Gäste 100 km zu uns rausgefahren. Das hat sich in diesen 10 Jahren natürlich auch brutal verändert. Im Jahr 2005 gab es dann schon 20 Sterne Restaurants in Berlin, deshalb ist keiner mehr wegen der Sterneküche rausgefahren. Stattdessen wollten sie die Mecklenburger Landküche. Das ist natürlich eine komplette Umstrukturierung des gesamten gastronomischen Angebots. Du hast auf einmal andere Gäste und kannst andere Preise erzielen. Deswegen war da eine Entscheidung zu fällen: Wie kriegen wir hier eine ganzjährige Auslastung hin?“
Andrea Borchard:
Schon zu Romantik-Zeiten merkten wir, dass Familien oft mit Großeltern und Enkeln, unsere Einheiten komischerweise eine Woche lang buchten, während Romantikgäste nur von Freitag bis Sonntag blieben. Bis wir selber Kinder hatten und gemerkt haben: Mit Kindern zu verreisen ist so ein Akt. Man muss vom Badehöschen bis zum Skianzug alles mitnehmen und dieser Aufwand zu reisen mit einem kleinen Kind lohnt sich erst für eine Woche. Da haben wir wirklich auf das falsche Pferd gesetzt.“
Alexander Borchard:
Ja, mehr als genug. Der damalige Familotel-Vorstand, Siegfried Prange, sagte uns, dass wir mit Familien eine super Jahresauslastung hätten, was stimmte. Aber das Hotel musste natürlich komplett umgebaut werden. Die größte Herausforderung war es, sich dann ziemlich schnell zu entscheiden: Es gibt nur eine Zielgruppe. Beide Zielgruppen zu mischen, kann man eine gewisse Zeit lang machen. Du kannst ja nicht von heute auf Morgen sagen: Ihr dürft jetzt nicht mehr kommen. Deswegen mussten wir parallel fahren. Die Umstellung war schwer, besonders weil wir langjährige, lukrative Tagungen absagen mussten. Das der Bank zu erklären war natürlich extrem schwierig. Sie haben es nicht verstanden. Sie haben es glaube ich erst vor zwei Jahren verstanden, also 18 Jahre später. Es ist heute noch schwierig, einen Spielplatz zu finanzieren, weil sie nicht wissen, was man eigentlich mit dem Spielplatz soll. Da haben wir also zwei Jahre extrem kämpfen müssen, um zu überleben und entsprechend haben wir den Banken hier und da mal gesagt: Passt mal auf, wenn ihr jetzt nicht mitmacht, dann hören wir auf. Zu dem Zeitpunkt waren wir knapp 40 und haben gesagt, wir haben unser berufliches Leben noch vor uns und mussten daher verschiedene Methoden anwenden.“
Andrea Borchard:
Pistole auf die Brust.“
Alexander Borchard:
Ja wir haben die Pistole auf die Brust gesetzt, ob sie mitziehen oder nicht. Gott sei Dank sind sie dann mitgezogen. Wir haben dann eine neue Finanzierung für ein Schwimmbad bekommen, weil sie dann gesehen haben: Jawohl, die Zielgruppe funktioniert. Seitdem wir das Schwimmbad gebaut und die Zielgruppe komplett auf 100% Familien gesetzt haben, seitdem funktioniert es sehr gut.“
Andrea Borchard:
Eine weitere Herausforderung war unser Personal. Wir hatten langjährige Mitarbeiter, die plötzlich mit ganz anderen Anforderungen konfrontiert waren. Anstelle von à la carte Empfehlungen, mussten sie sich auf viele Bedingungen einstellen, da die Bedürfnisse der Familien anders waren. Sie fühlten sich dann unterfordert und haben sich ganz schnell verabschiedet, um sich weiter in der gehobenen Gastronomie zu verwirklichen. Auch das Zimmer sauber machen wurde komplexer: Es sind nicht nur zwei Betten zu säubern, sondern mittlerweile zwei erwachsene Betten, Babybettchen, Juniorbettchen, Babybettwäsche, Stillkissen, Rausfallschutz, und so weiter.“
Alexander Borchard:
Man kann das im Prinzip sehr gut bildlich darstellen. Unser Hotel war ursprünglich für 90 Gäste gebaut. Jetzt haben wir 180 Gäste, denn ein Kind ist auch ein voller Gast. Ein Kind braucht einen Stuhl, ein Kind braucht ein Bett und das braucht halt Platz. Allein die Logistik in einem dafür nicht ausgelegten Gebäude war eine große Herausforderung, besonders da wir im Müritz Nationalpark baulich nichts verändern dürfen. Wir haben uns dann mit Übersee Containern geholfen, welche man auf dem Parkplatz stellt, weil man dafür keine Baugenehmigung braucht, um Sachen zu lagern.“
Andrea Borchard:
Nicht dass die Gäste denken, sie schlafen darin.“
Alexander Borchard:
Nein, natürlich nicht. Das waren aber alles Herausforderungen, die wir meistern mussten.“
Andrea Borchard:
Ein Vorteil war, dass die Gäste vom Romantikhotel immer einen Aufenthaltsbereich in ihrem eigenen Zimmer hatten. Deshalb waren die Zimmer schon damals 32 Quadratmeter groß. Das kam uns beim Wechsel zugute. Wir konnten in diesen riesigen Zimmern einfach die Sitzecke, die eh keiner braucht, raus machen und stattdessen Kinderkabinen einbauen. Einem Kind ist es eigentlich ganz egal, ob man 5 Quadratmeter oder 15 Quadratmeter hat, aber es ist sein Reich. Deshalb haben wir angefangen, in allen Doppelzimmern kleine Kinderkabinen einzubauen, die ganz liebevoll dekoriert sind. Dementsprechend haben sie das Gefühl: Das ist mein Zimmer. Und das war wieder ein Vorteil.“
Alexander Borchard:
Es war keine spätere Entscheidung, Familotel war ausschlaggebend dafür.“
Andrea Borchard:
Genau."
Alexander Borchard:
Ohne Familotel wären wir nie auf die Idee gekommen, auf Familien zu setzen. Der Vorstand kam damals auf uns zu, und wir hatten zufällig in einem Familotel Urlaub gemacht. Durch die positiven Erfahrungen, die wir mit der Romantik- Hotelkooperation gemacht haben und meiner Tätigkeit im Aufsichtsrat war uns klar: Nur in einer starken Gemeinschaft kann das überhaupt funktionieren. Vom ersten Tag an haben wir mit Familotel das Ganze überhaupt durchgesetzt. Ohne Familotel hätten wir uns den Wechsel nie getraut.“
Interviewer:
Das glaube ich."
Alexander Borchard:
Nur mit diesem starken Background und den Erfahrungen aus dem Austausch mit den Kollegen konnten wir den Wechsel so gut umsetzen.“
Alexander Borchard:
Um die 45-50, glaube ich."
Interviewer:
Familienhotels waren meines Erachtens damals noch nicht so etabliert. Heute gibt es sie überall, aber früher, um 1980/85, kaum.“
Andrea Borchard:
Damals waren Hilton, Holiday Inn und ähnliche Hotels groß im Trend.“
Interviewer:
Interessant, dass euch Familotel damals inspiriert und unterstützt hat.“
Andrea Borchard:
Ich werde die Worte von Siegfried Prange nie vergessen: Ihr werdet von heute auf morgen ganz viel Equipment brauchen. Ich dachte, wir haben doch alles - 20 Töpfchen,10 Bettchen – aber wir mussten trotzdem gefühlt jede Woche zu Ikea fahren. Jede Woche fehlte ein Töpfchen, jede Woche fehlte ein Wickeltisch, weil noch mehr Babys kamen. Es war unglaublich.“
Alexander Borchard:
Damals war das Internet noch nicht so verbreitet, dass man auf Knopfdruck alles kaufen konnte. Wenn du 20 Töpfchen brauchtest, dann hattest du eigentlich gar keine Chance an Ikea vorbeizukommen.“
Andrea Borchard:
Ich sag immer, es gibt keinen Artikel, den wir nicht haben. Sogar das Busenlicht fürs Stillen. Also wir haben alles. Wenn Gäste fragen, ob wir etwas haben, sage ich: Haben wir.“
Andrea Borchard:
Ich komme aus dem Taunus. Wenn ich dort spazieren war, sind mir ungefähr 2000 Leute entgegenkommen und ich habe es gehasst. Hier konnte ich mit meinen kleinen Jungs, die vielleicht damals drei und fünf waren, bis zu vier Stunden allein durch den Nationalpark laufen. Die beiden konnten sich ausstreiten, sie konnten sich ausschreien und ich habe im Endeffekt nur die Nadel unter meinem Schuh knacken gehört. Es ist unglaublich still und hier sagen sich wirklich noch Hase und Fuchs gute Nacht. Wir haben hier viele Tiere, wie natürlich die Rehe, die hier jeden Tag meine ganzen Obstbäume und Hortensien runterknabbern. Dann gibt es Wildschweine, die die Wiesen umwühlen. Es ist ein Traum und natürlich gehören da auch die Tiere, die hier aufwachsen und leben, dazu. Darunter die Meerschweinchen, Hasen, Ziegen, Lamas, Esel und Ponys. Die haben es hier wirklich gut. Unser Esel, den wir schon seit über 11 Jahren haben, den wollte vorher keiner haben. Den haben wir bei eBay Kleinanzeigen für 150€ damals gekauft, weil er einen Fußfehler hatte. Aber dem geht es hier so gut, dass er gar nicht mehr humpelt. Deswegen sage ich immer, das ist wirklich ein schönes Leben hier. Also ich sehe den Nationalpark definitiv als einen Vorteil. Einzigartig finde ich auch die Alleinlage. Wenn was sein sollte, kommt natürlich sofort der Rettungswagen. Die sind in 7 Minuten immer da. Das ist für die Großeltern wichtig, dass die Versorgung, auch wenn mal was sein sollte, da ist.“
Alexander Borchard:
Man darf natürlich den See nicht vergessen. Man muss sich vorstellen, wir liegen ganz alleine im Wald, im Nationalpark direkt am See mit eigenem Badestrand. Man läuft 5 Meter vom Hotel zum See und fällt quasi in direkt hinein. Wir können hier Bootsfahrten machen und die Gäste können sich verschiedene Boote ausleihen. Der Nationalpark hat eigentlich marketingmäßig, für die Gäste und für uns nur Vorteile. Nachteile, die es hat, die kennt man vorher. Da muss man sich vorher mit beschäftigen und sagen: Will ich das oder will ich das nicht. Wir haben von Anfang angesagt, dass wir unsere Kapazität mit den 45 bis 50 Einheiten erreicht haben und mehr wollen wir gar nicht. Das ist die Kapazität, die sich rechnen lässt.“
Andrea Borchard:
Unsere Zimmer sind gemütlich, persönlich und familiär, aber ab einer gewissen Größe ist es schwer, sich alle Gäste zu merken. Wir kennen unsere Gäste. Ich weiß, welches Kind in welches Zimmer gehört und wenn es sich verlaufen hat, bringe ich es zurück. Das würde bei mehr Zimmern nicht mehr funktionieren.“
Alexander Borchard:
Das weiß man vorher und dann braucht man sich auch nicht darüber zu beklagen. Ich habe mal fünf Jahre lang versucht 1000 Quadratmeter Wald vom Nationalpark, direkt neben uns, zu bekommen. Ich wollte einfach nur den Zaun versetzen, damit die Kinder etwas mehr geschlossenen Auslauf haben, damit die Kinderbetreuung sicher ist, dass kein Kind weglaufen kann. Da führte halt kein Weg rein, weil das ist eine Behörde. Dafür hätte die Nutzungsänderung des Waldes umgesetzt werden sollen von Forst in „Lauf durch“ und das ist im Landesgesetz des Nationalparks nicht vorgesehen. Wir haben es dann aufgegeben und haben gesagt, es ist so wie es ist. Aber auf der anderen Seite arbeiten wir sehr gut mit dem Nationalpark zusammen. Wir haben mit dem Nationalpark zusammen unsere Ponyrunde und einen Erlebnispfad geschaffen. Wir haben es teilweise mitfinanziert, bei dem das Hauptthema die Natur und natürlich auch das Wild und die Wolfspopulation ist. Da ist die Zusammenarbeit sehr gut, aber immer mit dem Hintergrundwissen, dass es eine Behörde ist. Und wenn man das weiß, stellt man sich darauf ein und dann funktioniert das. Insofern ist es nur ein Vorteil.“
Andrea Borchard:
Ja, und zum Beispiel sind wir jetzt keine Freunde von einer Softplayanlage. Gäste fragen natürlich ab und zu für den Winter: Wo können sich die Kinder drinnen austoben? Dafür haben wir einen Spielebus gekauft, der keine Genehmigung benötigt und bei Bedarf wegfahren kann.“
Alexander Borchard:
Das Schwimmbad war nochmal ein kleiner Deal, den wir gemacht haben. Das war aber damals schon im Bebauungsplan und auf dem Gelände vorgesehen. Insofern ging das. Aber wir könnten jetzt nicht sagen, wir bauen noch mal 30 Zimmer an. Es geht einfach schlicht und ergreifend nicht, und das ist für uns aber auch gut. Auch vielleicht für die nachfolgende Generation, die kommt. Die wissen auch von Anfang an: Wir können uns hier nicht erweitern. Damit sind also irgendwelche Hirngespinste mit: Wir bauen 200 Zimmer, von Anfang an erledigt. Das kann man natürlich wieder negativ und positiv sehen. Ich sehe es eher positiv, denn wir können nicht auf zu verrückte Ideen kommen.“
Interviewer:
Nee, das stimmt. Man hat eine gewisse Grenze.“
Alexander Borchard:
Genau, es ist eine natürliche Grenze gesetzt.“
Alexander Borchard:
Vier Kilometer."
Interviewer:
Das ist wirklich eine ruhige Lage."
Andrea Borchard:
Ja, wir machen Rauchzeichen, wenn wir kommunizieren wollen. Handys funktionieren hier auch nicht so gut.“
Interviewer:
Also habt ihr kein vernünftiges Netz?“
Andrea Borchard:
Wenig, es ist ganz schlecht. Homeoffice ist hier zum Beispiel gar nicht machbar.“
Alexander Borchard:
Demnächst bekommen wir aber Glasfaser. Dann läuft das besser. Ob das Fluch oder Segen ist, wird sich dann auch zeigen. Für uns zum Arbeiten ist es Segen. Aber viele Eltern sind froh, dass eigentlich keine gute Streamingverbindung da ist, weil die Kinder irgendwann keinen Bock mehr haben und das IPad in die Ecke schmeißen und spielen gehen. Mal gucken, vielleicht begrenzen wir das dann einfach.“
Andrea Borchard:
Wir begrenzen eigentlich ungern. Wir haben keine Verbotsschilder und es gibt keine strengen Regeln. Hier kann man alles ausprobieren.“
Alexander Borchard:
Es ist wie eine autonome Zone hier.“
Andrea Borchard:
Wir haben es so organisiert, dass die Kinder wirklich allein auf den Experimentierungspfad gehen können, ohne ständig auf Regeln zu stoßen.“
Alexander Borchard:
Regeln gibt es hier eigentlich nur von den Eltern."
Alexander Borchard:
Gute 90% unserer gesamten Kinderanimation und der Happy Club-Angebote, haben immer etwas mit Natur und Aktivitäten im Freien zu tun. Wir sind stark auf Außenaktivitäten fokussiert. Das liegt natürlich daran, dass wir drinnen begrenzte Räumlichkeiten haben. Aber es gibt den alten Spruch: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur die falsche Kleidung. Die Familien sind heutzutage gut ausgerüstet. Wenn ich sehe, was allein die Kinder an Outdoor-Klamotten anhaben, damit wären wir vor 30 Jahren auf den Mount Everest gestiegen und die kommen damit zu einem Wochenendurlaub in die Seenplatte im Herbst, wo es vielleicht mal regnet, aber wo es ja nicht -30 Grad ist. Insofern kann man bei Wind und Wetter alles draußen machen.“
Andrea Borchard:
Wir verbringen viel Zeit draußen. Jeden Morgen und Nachmittag gehen wir mit den Kindern raus. Wir haben ein eigenes Entdeckerwäldchen und Happys Kindergarten, wo wir Gemüse, Kräuter, Tomaten, Blumen anbauen. Die Kinder lernen, dass Radieschen nicht nur im Supermarkt wachsen, sondern auch gepflegt werden müssen. Sie lernen, wie man erntet, Unkraut zupft und wässert. Der Bereich ist eingezäunt, sodass die Happy Club Betreuer entspannt mit den Kindern spielen können.“
Alexander Borchard:
Genau. Im Entdeckerwäldchen machen wir auch Miniarchäologie mit den Kindern. Sie führen Ausgrabungen durch, finden Münzen und bringen sie in das imaginäre Museum. Mit Pinselchen und Schäufelchen sind sie dabei, sich mit der Natur und den Vorfahren zu beschäftigen. Außerdem gibt es einen großen Westernspielplatz mit Goldwaschen, Bogenschießen und Stockbrot. Das sind alles Klassiker, aber es geht noch weiter mit Geocaching und Pokémons laufen auch durch den Wald.“
Interviewer:
Natürlich, Pokémon Go.“
Andrea Borchard:
Im Moment bieten wir morgens Yoga am Ufer des großen Labussee an. Morgens um 08:00 Uhr, wenn alle noch oben frühstücken. Es ist unglaublich. Wir machen auch Zumba in der Natur am Indianer Claim. Also schöner geht es nicht.“
Alexander Borchard:
Und wir dürfen den See nicht vergessen. Wir haben uns ein großes Expeditionsfloß gebaut, 15 mal 4 Meter groß, das Platz für 10 Familien bietet. Es ist komplett aus Holz und damit fahren wir über die kleinen Seen. Die Seen sind ja alle über Kanäle miteinander verbunden. Da fährt man durch wie durch einen Amazonas und sieht Eisvögel rumfliegen. Wenn man Glück hat, sieht man auch einen Seeadler, Fischreiher oder Graureiher, wofür wir Ferngläser an Bord haben.“
Andrea Borchard:
Wichtig ist, dass es auf dem Floß eine Toilette gibt und das es allgemein komplett eingezäunt ist, mit Gucklöchern für die Kleinen. Die Eltern können dabei auf ihrem Hosenboden sitzen bleiben und einfach entspannt die Fahrt genießen, weil sie keine Angst haben müssen, dass das Kind irgendwo reinfällt. Im Vergleich zu anderen Flößen, die oft unsichere Taue haben, ist unser Floß sicher und kindgerecht konzipiert.“
Alexander Borchard:
Das Floß haben wir von einem örtlichen Schreiner bauen lassen, der das schon öfter gemacht hat. Er hat zuvor kleinere Flöße gebaut. Wir sind mit einer Zeichnung zu ihm gekommen und haben ihm unsere Wünsche vorgestellt: ein Familienfloß mit bestimmten Features wie einer Angelluke. Da kann man den Unterboden öffnen, als wenn es in den Keller geht und vom Floß aus Angeln. Das machen wir vor allem im Winter, damit die Kinder sehen, dass unter dem Eis auch Fischchen schwimmen.“
Andrea Borchard:
Ja wir haben ihm unsere Vorstellungen erklärt: eine Dachterrasse, Wickeltische, eine kleine Küche und eine Chill-Out-Lounge. Er hat lauter Sachen umgesetzt, die wir uns gewünscht hatten.“
Alexander Borchard:
Dann ist er hier in den Wald gegangen, hat Bäume gefällt und hat angefangen. Das Floß hat natürlich eine Bootszulassung und einen Motor, wofür ein Führerschein benötigt wird. Wir haben aber auch viele Sachen, die Führerscheinfrei sind, die die Gäste sich ausleihen können. Kleine Mini Elektroboote, ein Feuerwehrbötchen und ein Polizeiboot.“
Andrea Borchard:
Donald und Daisy, unsere Tretboote auch zum Beispiel.“
Alexander Borchard:
Genau. Dadurch, dass wir keinen anderen auf den Hof lassen, sind die Familien unter sich. Wir befinden uns in einer touristischen Region, wenn wir das Resort öffnen würden, hätten wir den ganzen Tag über Touristen, die unser Angebot mitnutzen wollten. Das können wir natürlich leider nicht zulassen.“
Andrea Borchard:
Wir arbeiten auch nicht mit All-inclusive-Bändchen. Sonst würden sich die externen Gäste einfach in den Innenhof setzen und würden sich wundern, warum keine Bedienung kommt oder was ein Kaffee kostet. Ich wüsste gar nicht was so ein Kaffee kostet, weil die Gäste ja alles inklusive haben. Daher haben wir uns entschieden, dass unser Resort ausschließlich für unsere Gäste zugänglich ist.“
Andrea Borchard:
Für uns liegt die Zukunft ganz klar in den Händen der nächsten Generation. Dominik hat Eventmanagement mit Schwerpunkt Hotellerie und Tourismus studiert, arbeitet momentan noch in einem Startup in Hamburg. Niklas hat vor zwei Wochen in The George in Hamburg in einem Boutique Hotel Hotelfachmann gelernt und ist seit gestern wieder in Wesenberg.“
Alexander Borchard:
Niklas wird jedoch noch für ein halbes Jahr zu den Kollegen Walchhofers nach Zauchensee gehen und ab April bei uns mitarbeiten. Da freuen wir uns natürlich sehr drauf, weil das neue Inspiration gibt. Was gibt es noch mitzuteilen? Wir haben quasi zwei Leitsätze: Das eine ist, dass wir uns unter Friede, Freunde, Eierkuchen zusammenfassen. Das heißt so viel wie diese friedliche, unberührte Natur steht für den Friede. Dann Freunde, das heißt es sind einfach nette Gäste und teilweise haben wir schon eine freundschaftliche Basis mit den Gästen. Es ist eine sehr herzliche enge Atmosphäre und durch den extrem hohen Stammgastanteil, durch die Nähe zu Berlin, kennen die Gäste sich schon und verabreden sich hier. Und der Eierkuchen steht natürlich für das all in Angebot. Also die Rundumversorgung. Deswegen ist dieses Friede Freunde, Eierkuchen so ein bisschen unser Leitmotiv und das Ganze kann man dann noch erweitern, mit gemütlich, natürlich und persönlich. Wir sind kein durchgestyltes Hotel wie sie jetzt überall und oft entstehen. Wir haben da unseren eigenen Style, es ist alles sehr gemütlich wie zu Hause. Dann ist alles natürlich. Wir versuchen natürlich zu sein und unsere Mitarbeiter auch. Wir sind halt auch einfach gerne da und da freuen wir uns, wenn die Jugend uns demnächst ein bisschen mit entlastet. Man sollte, wenn man als Gast hierherkommt, so sein wie man ist. Hier ist man in der Urlaubsblase wie Andrea immer so schön sagt, man kriegt nichts mit und entspannt sich einfach.“
Interviewer:
Das klingt nach schönen Abschlussworten. Außer du möchtest noch was hinzufügen Andrea?“
Andrea Borchard:
Nein. Es waren genau die Worte, die ich sonst auch gewählt hätte.“
Interview geführt am 07. August 2024 von Katharina Kammel (Familotel AG)
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